Gelassener, zielstrebiger, selbstbewusster: Die Wechseljahre sind nicht nur lästig, sie sorgen auch für Veränderungen im Gehirn – zum Besseren. Warum das so ist, und wie Sie diese neue mentale Kraft nutzen können
Hitzewallungen? Braucht kein Mensch. Schlafstörungen? Nein, danke. Stimmungsschwankungen? Och, nööö! Seien wir ehrlich: Auf die meisten Symptome, die in den Wechseljahren auf viele von uns zukommen, können wir verzichten. Doch wie wäre es mit einem klareren Kopf? Nehmen wir!
Glaubt man der kalifornischen Neurobiologin und Psychiaterin Dr. Louann Brizendine, haben die Wechseljahre aber auch etwas Gutes. Sie strukturieren das Gehirn um, im positiven Sinne. Sie sortieren die Gedanken, schaffen Klarheit und bewirken eine nie gekannte Zielstrebigkeit. Sie liefern uns sozusagen ein
neurologisches „Upgrade“. Wir stellen fünf Thesen aus Dr. Brizendines Bestseller „Gehirn-Power Wechseljahre“ vor – und erklären, wie sie Ihnen im Alltag nützen können.
Frauen in den Wechseljahren stehen besser für sich ein.
„Hormonell bedingte Nettigkeitspflicht“, nennt Dr. Louann Brizendine das, was viele Frauen im gebärfähigen Alter als selbstverständlich betrachten: Erwartungen zu erfüllen, sich um andere zu kümmern, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, still zu sein. Sinkt der Östrogenspiegel, begehren Frauen auf. Sie treten für alles ein, was ihnen wichtig ist. Sie definieren Beziehungen neu und schweigen nicht länger, wenn sie anderer Meinung sind. Ohne Fruchtbarkeitshormone könnten sie endlich völlig authentisch sein, schreibt Dr. Brizendine, weil jener Teil des Gehirns, „der bis dahin unseren Ärger bezähmte und uns vieles schlucken ließ“, sozusagen neurologisch befreit werde. Was andere denken? Egal! Die Zeiten, in denen man es allen recht machen wollte, sind nach der Menopause vorbei. Frauen
nach den Wechseljahren pfeifen auf Bestätigung, schätzen ihre inneren Werte und entdecken in sich eine Durchsetzungskraft, von der sie bisher nichts wussten. Sagen auch Sie ab jetzt mit gutem Gewissen Nein und grenzen Sie sich selbstbewusst ab. Sie müssen nichts erklären, wenn Sie Grenzen setzen: „Nein ist ein vollständiger Satz“, ermutigt die US-amerikanische Ärztin.
Frauen in Wechseljahren sind fokussierter.
Multitasking? Verursacht doch nur Angst und Stress. Mit Beginn der Wechseljahre werden Frauen viel besser darin, sich nur noch einer Aufgabe zur selben Zeit zu widmen. Dafür aber umso gründlicher! Sie können sich stärker auf diese eine Tätigkeit einlassen und sich besser darauf konzentrieren als je zuvor.
Sie behalten das Ziel stets im Blick und sind in vielen Dingen leistungsfähiger als früher. Und wehe, jemand will sie unterbrechen und ihren Flow stören, wenn sie sich gerade intensiv mit etwas beschäftigen! Dann wird nicht mehr wie früher alles stehen und liegen gelassen, sondern die störende Person nachdrücklich auf später vertröstet. Was möchten Sie unbedingt noch lernen in Ihrem Leben? Was wollten Sie immer schon mal ausprobieren? Tun Sie es – und freuen Sie sich über Ihre neue Zielstrebigkeit.
Frauen in den Wechseljahren reagieren gelassener.
Vor den Wechseljahren sei das weibliche Gehirn darauf gepolt, überall Gefahren zu wittern, um Wehrlose zu beschützen, schreibt Dr. Louann Brizendine. Mit dem Hormonsturm lasse diese Wachsamkeit nach – für viele ist das eine riesige Erleichterung! Denn daraus entsteht eine ungewohnte Gelassenheit, berichtet die Psychiaterin: „Sinken die Hormonspiegel, haben wir die Weisheit, die Stabilität, den Mut und die Selbsterkenntnis, darauf zu vertrauen, dass wir Herausforderungen schon meistern werden.“ Ohne Zyklusschwankungen, die uns immer wieder anders beeinflussen, „sind wir unglaublich resilient und für alltägliche Veränderungen gewappnet“. Es sei, so schreibt Dr. Brizendine, geradezu befreiend, endlich „zu akzeptieren, wie wenig Macht wir über fast alles haben“. Oder, anders gesagt: Wir müssen nicht mehr alle Probleme selbst lösen und uns für alles verantwortlich fühlen, sondern können uns getrost zurücklehnen
und auch mal andere machen lassen. Genießen Sie diese neue Lässigkeit und schätzen Sie die Resilienz, die der Seele so guttut. Solchen Stress wie früher machen Sie sich ab jetzt einfach nicht mehr.
Frauen in den Wechseljahren können klarer denken.
Mit den Wechseljahren erlangen viele Frauen eine nie gekannte Unerschrockenheit und Entschlossenheit, sagt Dr. Louann Brizendine. Ohne den Einfluss der weiblichen Hormone stabilisieren sich nämlich die Schaltkreise im Gehirn, was Frauen den Zugang zu festen Überzeugungen erleichtert. Nach der Menopause sind sie deshalb besser in der Lage, mit mehr Weitblick einen Standpunkt einzunehmen und sich Gehör zu verschaffen. Dank des niedrigen Hormonspiegels lässt sich alles, was die Ruhe im Kopf stört, besser ausblenden: die Urteile anderer, Selbstvorwürfe, Grübeleien. Stattdessen entsteht im Kopf Raum für Dankbarkeit, Mitgefühl und Freude.
Freude auf das, was noch kommt, vor allem. Was darf es bei Ihnen sein? Überlegen Sie, wie Ihr Leben ab jetzt wirklich aussehen soll, und schlagen Sie ohne die frühere Furcht ruhig ganz neue Wege ein.
Frauen in den Wechseljahren setzen mutig Ideen um.
Ein Gehirn, das nicht unter dem Einfluss der Fruchtbarkeitshormone steht, ist laut Dr. Louann Brizendine frei, um „intellektuell und emotional Neues“ auszuloten. Es ist viel besser in der Lage, Dinge zu überdenken und sie ganz pragmatisch einzuordnen. Die Neugier auf Neues wächst mit den Wechseljahren noch einmal, Kreativität bricht sich Bahn und sogar schwierige Phasen sind nach der Menopause geprägt von einer gewissen Leichtigkeit. Im „Upgrade“, schreibt die kalifornische Ärztin in ihrem Buch, hätten wir endlich den Kopf dafür, uns die Frage zu stellen, was die eigene Aufgabe im Leben jetzt noch sein könnte. Die Wechseljahre ließen Entschlossenheit und eine kühne Eigenständigkeit entstehen. Frauen über 50, so berichtet Dr. Brizendine, „gründen mehr Unternehmen als jede andere Gruppe“. Was würden Sie in Ihren kühnsten Träumen gern verwirklichen? Tun Sie es einfach!