Wer gut für sich sorgt, ist besser gewappnet für die Stürme des Alltags. Wichtig sind gesunde Bewältigungsstrategien und ein ausgewogener
Lebensstil. Eine Kardiologin und eine Gynäkologin erklären, wie das funktioniert.
Stress ist nicht gleich Stress. „Es gibt guten Stress, der führt zu Weiterentwicklung und Aktivität“, weiß Prof. Mandy Mangler, Gynäkologin am Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin. „Und es gibt schlechten Stress, zum Beispiel durch Gewalt, Missbrauch oder Fluchterfahrungen. Dieser kann unsere hormonelle Balance stören und krank machen.“ Denn das Stresshormon Cortisol bleibt erhöht – mit Folgen für Schlaf, Zyklus, Immunsystem und mentale Stabilität.
Wenn Stress zur Dauerbelastung wird, reagiert der Körper mit einer Aktivierung des sympathischen Nervensystems: Der Blutdruck steigt, Entzündungswerte klettern, Herzklopfen oder Herzrhythmusstörungen können die Folge sein. Studien zeigen, dass Menschen mit hoher Resilienz deutlich seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Kardiologin Dr. Catharina Hamm von der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim: „Um das Herz zu schützen, sind mehrere Faktoren entscheidend. Allen voran eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger körperlicher Aktivität und Zeit für Regeneration und Schlaf. Auch Bewältigungsmechanismen wie Yoga, Meditation und Atemübungen können helfen, Stress abzubauen. Denn sie aktivieren das parasympathische Nervensystem, das für Entspannung und einen niedrigen Herzschlag sorgt.“
Menschen mit einer hohen Resilienz neigen meist dazu, einen gesünderen Lifestyle zu haben. Das verbessert nicht nur das emotionale Wohlbefinden, sondern kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.
Doch welches Geschlecht ist eigentlich resilienter? „Das kommt darauf an, wenn man in diesen Stereotypen denken möchte. Jede Person ist anders“, sagt Prof. Mangler. „Männern wird eher zugeschrieben, schneller Entscheidungen zu treffen und damit mit einem Teil des Stresses besser umgehen zu können. Overthinking scheint eher bei weiblichen Personen vorzukommen. Aber wenn ich mir die Frauen so anschaue – mit Verhütung, Geburt, Stillen, Menopause und sich um alle kümmern – sind sie die wahren Resilienz-Expertinnen!“ Das Leben selbst fordert Frauen so viele Wandlungsprozesse ab, dass innere Stärke fast schon Teil des Programms ist.
Gerade die weiblichen Phasen wie Schwangerschaft oder die Wechseljahre verlangen nicht nur körperlich viel ab, sondern wirken sich auch stark auf die psychische Gesundheit aus. Vielen Frauen gelingt das gut, doch allzu oft steht das Wohl anderer über dem eigenen. „Manchmal kümmern wir uns um alle – und zuletzt um uns selbst. Da können wir alle gemeinsam besser werden“, rät Prof. Mandy Mangler. Resilienz bedeutet eben nicht nur Stärke im Sturm – sondern auch die Fähigkeit, sich selbst Raum und Aufmerksamkeit zu schenken. Denn wer gut für sich sorgt, ist ebenfalls besser gewappnet für die Aufregungen des Alltags.
Auch ein gesundes Herz ist weit mehr als nur das Ergebnis von Ernährung und Bewegung. „Die Verbindung von Herz und Hirn ist real und entscheidend für unsere Gesundheit. Und mentale Gesundheit ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Depressionen erhöhen das Risiko für Herzerkrankungen bei Frauen erheblich; akuter, massiver Stress kann ihnen sprichwörtlich das Herz brechen. Das ‚Broken-Heart-Syndrom‘ gibt es wirklich“, erklärt Herzspezialistin Dr. Catharina Hamm.
Auslöser können der Verlust des Partners, heftiger Streit oder eine große OP sein. Vom Broken-Heart-Syndrom sind postmenopausale Frauen übrigens deutlich häufiger betroffen. Denn nach der Menopause nimmt der schützende Effekt von Östrogen auf das Herz ab, so Dr. Hamm. „Ein heftiges emotionales Ereignis kann dann zur Überaktivität einer bestimmten Hirnregion, der sogenannten Amygdala, führen, die wiederum die Ausschüttung von
Stresshormonen wie Adrenalin in der Nebenniere anregt. Diese wirken dann lähmend auf bestimmte Regionen des Herzens, was zu einer vorübergehenden Herzschwäche führen kann und sich oftmals mit den typischen Symptomen eines Herzinfarkts äußert.“ Interessanterweise können wir das individuelle Stresslevel sogar objektiv messen, und zwar mit der Herzfrequenzvariabilität (Heart Rate Variability = HRV), die wir mit einer bestimmten EKG-Messung oder mithilfe von Smart Devices wie Uhren und Ringen ermitteln können.
Auch Frauenärztin Prof. Mangler rät dazu, gerade bei biografischen Ereignissen wie der Menopause, verstärkt auf die mentale Gesundheit zu achten. „Die Sinnhaftigkeit der Arbeit, Kontakte und die Unterstützung der eigenen Selbstwirksamkeit sind jetzt sehr wichtig“, sagt die Berliner Chefärztin.„Gelegentlich braucht es auch eine Begleitung durch Expertinnen für mentale Gesundheit“, rät sie. Apropos Kontakte: Ein starkes soziales Netz wird oft unterschätzt, ist aber essenziell für unser Herz – im emotionalen wie im physischen Sinne, das besagen auch wissenschaftliche Studien. Wir sollten also sowohl unser Herz, als auch unseren Geist aktiv pflegen.
Wer über ein gutes Maß an Resilienz verfügt, ist besser gewappnet. Denn seelische Stärke schützt – nicht nur vor Trübsal, sondern auch vor echten körperlichen Schäden. Und sie zeigt uns, dass wir belastbar sind – vielleicht sogar belastbarer, als wir manchmal denken.
Lesen Sie hier mehr zum Thema Frauengesundheit.