Kommt das in Ihrer Familie häufiger vor? Diese Frage stellen Ärzte erstaunlich oft, wenn Patienten z. B. wegen eines erhöhten Blutdrucks, einer Allergie oder mit Herzproblemen in der Praxis sitzen. Das Risiko für Vorerkrankungen wird häufig über die Gene weitergegeben. „Trotzdem sind wir unseren Veranlagungen meist nicht hilflos ausgeliefert“, betont die Biologin Prof. Michaela Döll. Denn mit relativ einfachen Maßnahmen können Menschen ihre Genregulation positiv beeinflussen. Das zeigen Studien aus einem bestimmten Forschungszweig der Biologie, der Epigenetik.
Vererbung ist nicht alles
Der Begriff „epi“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „darüber“. Die Epigenetik steht also über dem, was wir von Vater und Mutter an unveränderbarem Erbgut mitbekommen haben. Dazu zählen etwa die Neigung zu Übergewicht oder bestimmte Gendefekte. Die Epigenetik liefert uns jedoch Stellschrauben, die wir verändern können. „Wenn der Vater vor 50 Jahren einen Schlaganfall erlitten hat, dann haben seine Kinder zwar auch ein erhöhtes Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln“, sagt Döll. „Das ist aber keineswegs so festgeschrieben.“
Mit einem gesunden Lebensstil lässt sich ein Teil der Gene „umpolen“. Einen immensen Beitrag leistet die Ernährung. „Pflanzliche Kost sollte einen Großteil unseres Essens ausmachen“, rät die Expertin. Auch regelmäßige Bewegung ist wichtig. Von Diktaten wie „fünfmal wöchentlich 50 Minuten joggen“ hält Prof. Döll allerdings eher wenig. „Wenn jemand darauf keine Lust hat, hört er nach einer Woche wieder auf. Was man sich vornimmt, sollte auch Freude bereiten, ob Laufen, Radfahren, Wandern, Walken, ganz egal.“
Groll schädigt die DNA
Eine große Rolle spielen auch positive Gedanken: Studien weisen nach, dass Belastungen wie Stress oder ein ständiger Groll das Erbgut beschädigen und das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Depressionen begünstigen können. Umgekehrt gehen Experten davon aus, dass Zufriedenheit, Selbstfürsorge und Freude die Gene positiv beeinflussen. „Es gibt beispielsweise Experimente mit Gehirn-Scans, die zeigen: Durch positive Gedanken, Wertschätzung und Dankbarkeit lassen sich Veränderungen in epigenetischen Mustern hervorrufen“, erklärt Prof. Döll. Andere Studien aus den USA bestätigen, dass eher optimistisch eingestellte Menschen ein geringeres Risiko für Herzerkrankungen haben.
Auch sich kognitiv zu fordern, lohnt, denn das Gehirn kann selbst in hohem Alter noch neue Nervenzellen bilden. Deshalb ist es wichtig, neugierig und interessiert an der Welt zu bleiben und geistige Anregungen zu bekommen. „Dafür braucht man nicht unbedingt eine neue Fremdsprache lernen“, sagt die Forscherin. „Ein gutes Buch, eine Ausstellung oder ein interessanter Vortrag tun es auch.“