Wechseljahre – die Zeit für bewusste Ernährung

Erschienen in my life Ausgabe #20/24

Gewichtszunahme, Hitzewallungen, Stimmungstief: Den häufigsten Symptomen des hormonellen Umbruchs lässt sich via Speiseplan gut gegensteuern

Weltweit kommen gerade rund eine Milliarde Frauen in die Wechseljahre, so viele wie nie zuvor. Allein in Deutschland sind es rund neun Millionen. Jede Zweite fühlt sich jedoch laut einer Umfrage nicht gut informiert. Höchste Zeit also, aufzuklären – aber vor allem: Frauen die Angst zu nehmen.

Das ist auch das Ziel der Gynäkologin und Medical Influencerin Dr. Judith Bildau, Speakerin auf dem BXX-Wechseljahrs-Event am 11. und 12. September im Europa-Park Rust. In ihren Praxis- und Online-Sprechstunden setzt sie sich dafür ein, dass ihre Patientinnen eine individualisierte Behandlung bekommen. Denn jede Frau erlebt diese Zeit anders und sollte ihren persönlichen Umgang damit finden.

„Die Palette der Wechseljahres-Symptome ist sehr bunt“, sagt sie – selbst Tinnitus gehört, wie man nun weiß, dazu – beruhigt aber: „Natürlich leidet keine Frau an allen Problemen“. Dennoch beobachten rund 60 Prozent der Frauen verschiedene Symptome bei sich. Da die Wechseljahre in der medizinischen Ausbildung aber bis dato keine Rolle spielen, bringen viele Fachärzte die entsprechenden Beschwerden nicht damit in Zusammenhang. „Patientinnen mit Rückenschmerzen schickt der Orthopäde zur Physiotherapie, Frauen mit Depressionen bekommen eine Psychotherapie. Oder schlicht den Tipp, mal richtig zu entspannen“, beklagt Dr. Bildau.

Viszerale Fett ist gefährlich

Was bisher ebenso kaum im Fokus stand: die Ernährung. Sie ist allerdings ein wichtiger Ansatzpunkt, um die Zeit des Wechsels besser zu bewältigen. „Früher waren Alkohol, Zucker oder Fast Food kein Problem für mich. Aber mit Mitte 40 merkte ich, dass mein Körper nicht mehr so viel verzeiht“, sagt Susanne Liedtke, die Gründerin der Online-Plattform „Nobodytoldme“. Die Ökotrophologin recherchierte gründlich – und stellte ihren Speiseplan um.

Denn es ist erwiesen: Ab 40, mit Beginn der Perimenopause, benötigen Frauen viel weniger Energie als noch mit 20+. Wer also weiter isst wie zuvor, legt unweigerlich zu. Riskant ist speziell das viszerale Fett, das sich am Bauch anlagert und Entzündungsprozesse fördert.

Prof. Julia Seiderer-Nack, Fachärztin für Innere Medizin und Ernährungsmedizin – auch sie sprach auf dem BXX-Wechseljahrs-Event –bestätigt das. In der My Life-Serie „Besser essen, gesund leben“ gibt sie Tipps für die richtige Ernährung bei unterschiedlichen Beschwerden. Sie sagt: „Die Wechseljahre sind die Zeit für bewusste Ernährung. Weil wir dadurch Beschwerden lindern, Risiken für Übergewicht, Osteoporose oder Herzkreislauf-Erkrankungen reduzieren und die Weichen für mehr körperliches und seelisches Wohlbefinden stellen können. Weniger Energie, mehr Nährstoffe und viel Achtsamkeit: Das ist ein sehr gutes Rezept für Frauengesundheit in der Zeit des Wechsels!“

Mit Beginn der Perimenopause sinkt vor allem der Spiegel des Östrogens Estradiol. Ein dauerhafter Mangel gilt als hauptursächlich für Osteoporose und mitverantwortlich für verschiedene Herz-Kreislauferkrankungen. Diesen Mangel kann man aber gut über die Ernährung ausgleichen. Lebensmittel wie Sojabohnen oder Rotklee etwa enthalten Isoflavone, sekundäre Pflanzenstoffe, die im Körper eine dem Estradiol ähnliche Wirkung haben. Daher werden sie auch Phytoöstrogene genannt.

Leicht östrogene Wirkung haben zudem Lignane, ebenfalls sekundäre Pflanzenstoffe. Sie stecken in Leinsamen, Kürbis- und Sonnenblumenkernen, aber auch in Getreide wie Buchweizen, Roggen, Weizenkleie, und Hafer. Daneben ist Gemüse wie Brokkoli, Knoblauch, Mungbohnen, Fenchel und Möhren reich daran. Last but not least liefert Kernobst (Äpfel, Birnen, Pflaumen, Kirschen) sekundäre Pflanzenstoffe.

Wer also regelmäßig ein Frühstücks-Müsli aus Weizenkleie, geschroteten Leinsamen, Apfelstückchen, einer Handvoll Kirschen oder Pflaumen und etwas Sojajoghurt genießt, der lindert Wechseljahresbeschwerden auf die leckere Art!

Typ-2-Diabetes vorbeugen

Susanne Liedtke setzt vor allem auf ballaststoffreiche, pflanzenbasierte Ernährung, um lange satt zu bleiben und Heißhunger zu vermeiden. Falsche Kohlenhydrate, Zucker und Weißmehl können nämlich das hormonelle Gleichgewicht stören, weil Insulin ausgeschüttet wird, um den Zucker in die Zellen zu bringen. Wird dauerhaft viel davon konsumiert, kann das gerade im Klimakterium zu Insulinresistenz und später Typ-2-Diabetes führen. Zudem isst die Ökotrophologin nur in Maßen rotes Fleisch, Wurst, Glutenhaltiges sowie Milchprodukte und trinkt wenig Alkohol und Kaffee. „Das klingt nach Verzicht – es ist aber super für meinen Körper. Ich habe jetzt viel mehr Power!“